Nun hat Frankreichs Linke endlich einen Sündenbock. Er heißt Pierre Moussa, ist 59 Jahre ait und hat die zweifelhafte Ehre, von Budgetminister Laurent Fabius persönlich vor den Kadi zitiert zu werden. Das ihm vorgehaltene Delikt: Verstoß gegen die Devisenvorschriften zugunsten Dritter.
Bis zum 21. Oktober dieses Jahres stand Moussa an der Spitze der einflußreichen Finanzgruppe Banque de Paris et des Pays-Bas, bekannter unter dem Kürzel Paribas als größte französische Geschäftsbank. An jenem Mittwoch erklärte der ehemalige Eliteschüler, Beamte und Weltbank-Mitarbeiter seinen Rücktritt — nicht ganz aus freien Stücken.
Denn schon zwei Tage später veröffentlichte das "Wirtschaftsund Finanzministerium in Paris ein vielsagendes Kommunique: „Innerhalb der Compagnie Financiere de Paribas wurden ohne Wissen des Verwaltungsrats Transaktionen vorgenommen. Der von der Regierung ernannte Kommissar wurde ebenfalls nicht informiert. Digf sind die Vorkommnisse,, die zum Rücktritt desrPfäsidentVn dieser Gesellschaft geführt haben.*,;,.: "• '":,Jlv F ;;;.., ;;;{:;::„;,.:,„/,,, "";,„' Hinter dem Begriff Transaktionen verbirgt sich ein finanzieller Schachzug, den manche als verständlichen Selbsterhaltungstrieb, andere als Verrat an der Nation qualifizieren. Die Finanzgruppe Paribas steht nämlich vor der Verstaatlichung, und ihr bisheriger Präsident Moussa hielt es für ratsam, wenigstens die belgische und die Schweizer Tochtergesellschaft vor dem Zugriff des Staates zu retten. Er sorgte deshalb dafür, daß die Mehrheit der Anteile an Paribas-Suisse (Genf) und Cobepa (Brüssel) in ausländische Hände überging — zur Verärgerung der machtlosen Regierung an der Seine;
Doch Minister Fabius sann auf Rache. Er grub eine Geschichte vom November 1980 aus, die in der Tat Paribas in schlechtes Licht rückt. Damals hatte die Bank eine halbe Tonne Gold im Wert von etwa 30 Millionen Francs für den Industriellen Pierre Latecoere von Frankreich nach Kanada geschafft. Latecoere, Sohn eines berühmten Flugzeugbauers, wurde später gestellt, arrangierte sich aber am 14. August 1981 mit der zuständigen Zollverwaltung. Er-erklärte sich bereit, die Kleinigkeit von 36 Millionen Francs Bußgeld zu zahlen, um der Strafverfolgung zu entgehen.
Daß der Budgetminister jetzt trotz dieses (durchaus üblichen) Kuhhandels Anzeige erstattete, ist weniger ein Schlag gegen den ertappten Goldschmuggler Latexoere als gegen Moussa. Denn der selbstbewußte Bankier hatte von Anfang an gegen die Nationalisierung seines Bankenimperiums gekämpft und sich damit bei der sozialistischen Segiening »nBeliebtgeröacht.
Unter dfeii 36 Kfeditiästituten^'die'auf dei Verstaatlichüngsliste stehen, ist Paribas das attraktivste. Genaugenommen geht es um die Finanzholding Compagnie Financiere de Paris et des Pays-Bas mit einer Bilanzsumme von 240 Milliarden Francs und einem Gewinn von 1,3 Milliarden (1980); ihr gehört die eigentliche Bank zu hundert Prozent. Daneben stehen Beteiligungen an einer Reihe weiterer Banken (so 53 Prozent am Credit du Nord und 25 Prozent am Londoner Bankhaus Warburg). Noch interessant ter sind jedoch die Beteiligungen an strategisch wichtigen Industrieunternehmen.